„Die eigentliche Mission fängt jetzt erst an“
Diverser, jünger und weiblicher – so sehen die IGBCE-Vertrauenskörper nach den Wahlen vom Frühjahr 2024 aus. Francesco Grioli analysiert im Interview mit Bernd Kupilas die Ergebnisse der Vertrauensleutewahlen und erklärt, warum es in jedem Betrieb ein möglichst starkes Team IGBCE braucht.
Francesco, die vorläufige Auswertung zu den Vertrauensleutewahlen liegt vor. Stand Mitte November haben wir weniger Gremien im Vergleich zu den Wahlen vor vier Jahren. Wie müssen wir diese Zahlen bewerten?
Zunächst einmal sind das vorläufige Zahlen. Viele Gremien konstituieren sich noch, deshalb fehlen uns deren Ergebnisse noch für eine verlässliche Endauswertung. Am Ende werden wir aber mehr als 700 Vertrauenskörpergremien haben. Das sind zwar nicht so ganz viele wie vor vier Jahren. Aber das hat auch damit zu tun, dass wir neue Regularien geschaffen haben und es jetzt möglich ist, Gemeinschaftsgremien zu schaffen, zum Beispiel in Chemieparks. Allein davon haben wir jetzt rund 60 – das waren vorher mindestens doppelt so viele Einzelgremien. Da kann man nicht von einem Minus reden, das ist eher ein statistischer Effekt. Und auch bei der Zahl der Vertrauensleute werden wir am Ende bei einem Plus landen – also wir werden mehr Vertrauensleute haben als noch vor vier Jahren.
Wir sind also gut unterwegs?
Ja, definitiv. Unsere Vertrauenskörper sind diverser, jünger und weiblicher geworden, und wir konnten neue Gruppen von Beschäftigten für uns gewinnen. Wir haben zum Beispiel allein aus dem KAAT-Bereich, also aus den Reihen der Kaufleute, der akademischen Berufe und der AT-Beschäftigten, deutlich mehr als 2000 Vertrauensfrauen und -männer gewinnen können. Das ist ein Erfolg. Dort ist übrigens der Frauenanteil besonders hoch – die Frauen stellen mit 53 Prozent sogar die Mehrheit. Auch ist es uns gelungen, viele neue Vertrauenskörper zu gründen. Der entscheidendste Aspekt der hinter uns liegenden Wahlen ist aus Organisationssicht aber ein anderer.
Welcher ist das?
Mit dem sicheren Abschluss der Wahlen können wir jetzt gestärkt in die Vorbereitungen zu unserem Gewerkschaftskongress 2025 starten. Mit satzungskonformen und ordentlichen Wahlen haben wir den Grundstein gelegt für alle weiteren Schritte hin zum Kongress – die IGBCE hat jetzt eine neu gewählte demokratische Legitimierung an ihrer Basis. Wir sind nun mal eine demokratische Organisation, und da sind solche organisationsweiten Wahlen weiß Gott mehr als eine Formalie.
Wenn Betriebsräte und Vertrauensleute Hand in Hand arbeiten, dann können sie wirklich etwas reißen.
Francesco Grioli
Also Mission erfüllt, alles gut?
Ganz und gar nicht. Die eigentliche Mission steht gerade erst am Anfang. Nach den erfolgreich verlaufenen Wahlen wird es jetzt unsere Aufgabe sein, in den Betrieben ein neues Miteinander von Vertrauensleuten und Betriebsräten zu schaffen. Unser Ziel lautet: Wir wollen in den Betrieben als Team IGBCE wahrgenommen werden. Denn eines wissen wir aus Erfahrung: Wenn sich Betriebsräte und Vertrauensleute gemeinsam als gewerkschaftliche Vertretung im Betrieb verstehen und Hand in Hand arbeiten, dann können sie wirklich etwas reißen.
Wie kann das funktionieren?
Das Betriebsverfassungsgesetz bietet Betriebsräten zahlreiche Möglichkeiten, Vertrauensleute in die Mitbestimmungsarbeit einzubeziehen. Davon sollten wir ausgiebig Gebrauch machen. Denn am Ende bringen Vertrauensleute jede Menge Anstöße von unten mit, aus den Abteilungen, den Produktionshallen, Anlagen, Werkstätten und Büros. Sie sind die Stimme der Basis und können helfen, die großen Themen kompetent anzugehen.
An welche großen Themen denkst du da?
Generell geht es mir um das alles übergreifende Thema der Transformation. Die Herausforderungen in den Betrieben sind so dermaßen groß – die sind nur im Sinne der Beschäftigten zu lösen, wenn wir massiv, mächtig und geschlossen auftreten und unsere gewerkschaftlichen Forderungen einbringen. Dazu brauchen wir überall ein starkes Team IGBCE, von Betrieb zu Betrieb.