Portrait

August | September 2025

Jung und präsidial

Michelle Pater nimmt im Oktober schon zum zweiten Mal am IGBCE-Kongress teil. Dennoch betritt sie Neuland. Die 23-Jährige ist erstmals Mitglied des Präsidiums.

Foto: Andreas Teichmann

Wenn Michelle Pater bei ihren Übungen ihrem Spiegelbild gegenübersitzt, findet sie das manchmal ziemlich sonderbar. Sie macht seit einiger Zeit unter anderem Mimik- und Gestiktraining mithilfe von YouTube-Videos. Das gehöre zur Vorbereitung ihrer großen Aufgabe im kommenden Herbst, erzählt sie. Denn der Bundesjugendausschuss hat Michelle Pater als eine von drei Moderatorinnen für das Präsidium des 8. Ordentlichen Gewerkschaftskongresses der IGBCE nominiert. Diese werden die rund 400 Delegierten in Hannover vom 19. bis 24. Oktober von morgens bis spät in den Abend hinein durch die Veranstaltung führen.

Wenn sie den riesigen Saal mit den vielen Tischen zum ersten Mal von oben sehen wird, „bin ich bestimmt turbonervös“, sagt Michelle Pater. Sie geht aber davon aus, dass sich das nach spätestens einer halben Stunde gelegt haben wird. Mit 23 Jahren wird Michelle Pater das jüngste Mitglied im Präsidium sein – aber kein Neuling auf dem Kongress. 2021 war sie als jüngste Delegierte mit 19 Jahren schon einmal dabei.

Sie freut sich auf die vollen Tage in Hannover. „Fünf Tage Gewerkschaftsarbeit nonstop. Das ist mein Ding.“ Sie ist gespannt auf den regen Austausch über Hunderte Anträge, spannende Diskussionen zwischen Jung und Alt und hofft, dass die IGBCE-Jugend möglichst viele ihrer Ziele durchsetzen kann. Ganz oben auf der Liste steht die unbefristete Übernahme von Auszubildenden.

Mit der IGBCE ist mehr drin

Die geborene und überzeugte Duisburgerin Michelle Pater ist seit Ende 2018 bei der IGBCE dabei, kurz nach Beginn ihrer Ausbildung zur Chemikantin bei Stockhausen Absorber in Krefeld im September 2018. In dem Unternehmen, das damals noch zu Evonik gehörte, arbeiten etwa 460 Beschäftigte.

Die Initialzündung für Michelle Paters gewerkschaftliches Engagement war die Teilnahme an einem überbetrieblichen Seminar in Hattingen zum Thema „170 Jahre IGBCE“, zu dem ihre damalige Betriebsratsvorsitzende sie im Dezember 2018 mitgenommen hatte. Bei diesem Seminar sei ihr schnell sehr klar geworden, dass gute Arbeitsbedingungen und rechtssichere Tarifverträge keine Selbstverständlichkeit sind. „Für den Erhalt und die Verbesserung von guten Arbeitsbedingungen ist es notwendig, dass wir uns Tag für Tag dafür einsetzen“, sagt Michelle Pater. „Es gibt viel zu tun. Darum mache ich das aus vollem Herzen und tiefster Überzeugung.“

2020 kandidierte sie erstmals für die Jugend- und Auszubildendenvertretung im Betrieb und ging regelmäßig zu den Treffen des Bezirksjugendausschusses Niederrhein. Mittlerweile ist sie in beiden Gremien Vorsitzende. Außerdem engagiert sie sich im Landesbezirksausschuss Nordrhein der IGBCE. „Gewerkschaftsarbeit ist mein Hobby Nummer eins“, sagt ­Michelle Pater.

Dass es auch vor Ort im Betrieb eine Menge zu tun gibt, merkte sie kurz nach Beginn ihrer Ausbildung. Sie war die einzige Frau unter den acht Chemikanten ihres Ausbildungsjahrgangs. „In den Männerarbeitshosen, die die Firma zur Verfügung gestellt hat, habe ich mir total die Beine aufgescheuert.“ Das sei kein Zustand, befand Michelle Pater – und ergriff die Initiative. Mittlerweile stellt der Arbeitgeber Frauenhosen zur Verfügung, und eine eigene Toilette für die Frauen in der Produktion gibt es auch, so Pater.

Apropos Arbeitskleidung: Mit den Jugenddelegierten des IGBCE-Bezirks Nordrhein hat sie ein Shopping-Date verabredet. „Für den IGBCE-Kongress brauche ich noch zwei, drei schnieke Blusen und mindestens einen schönen Blazer mehr“, sagt die junge Gewerkschafterin. „So wie ich sonst in meiner Freizeit rumlaufe, kann ich dort nicht auftauchen.“

Wenn sie sich in ihrer freien Zeit nicht für die IGBCE engagiert, geht sie gern zu den Heimspielen ihres Lieblingsvereins MSV Duisburg oder chillt. „Mit Freundinnen in der WG oder am See abhängen ist einfach nur großartig“, erzählt die 23-Jährige. Sie sei auch absolut überzeugte All-Inklusive-Urlauberin, gern in südlichen Gefilden: „Was gibt es Schöneres, als entspannt ein gutes Buch zu lesen, zwischendurch ein bisschen zu baden und am Pool Cocktails zu schlürfen?“

Volker Wartmann