„Die Aufgaben waren nie größer“
Von März bis Mai 2026 werden die Betriebsräte neu gewählt. Warum diese Wahlen so wichtig sind, welche Hausaufgaben IGBCE-Mitglieder ihren Gremien mit auf den Weg geben und welche Ziele sich die IGBCE gesetzt hat, erklärt Francesco Grioli im Interview mit Kathryn Kortmann.
Francesco Grioli ist Mitglied im geschäftsführenden Hauptvorstand der IGBCE.
Foto: Stefan Koch
Francesco, ihr habt im Frühjahr eure Mitglieder zur Arbeit ihrer Betriebsräte befragt. Wie bewertest du die Ergebnisse?
Überwiegend positiv. Wenn deutlich mehr als zwei Drittel der Befragten mit der Arbeit ihres Betriebsrats zufrieden sind, ist das erst mal ein gutes Zeichen. Dazu passt auch, dass die allermeisten Kolleginnen und Kollegen die Lösungen, die die Gremien für die Belegschaft aushandeln, als gut oder sogar sehr gut bewerten. Und auch in puncto Kommunikation liegen die Zufriedenheitswerte insgesamt hoch. Allerdings gibt es durchaus auch Punkte, bei denen noch ein bisschen Luft nach oben zu erkennen ist.
Wo zum Beispiel?
Dass gut ein Drittel unserer befragten Mitglieder nicht weiß, wie das Zusammenspiel zwischen Betriebsräten und IGBCE-Vertrauensleuten funktioniert, stimmt mich schon ein bisschen nachdenklich. Da würde ich mir ein bisschen mehr Transparenz sowohl von Betriebsräten als auch von unseren Vertrauensleuten wünschen. Andererseits könnte das aber auch ein Indiz dafür sein, dass immer noch Aufklärungsbedarf besteht, wie sich die beiden Funktionen unterscheiden. Da müssen wir auch als IGBCE vielleicht noch präsenter werden, als wir es in vielen Betrieben ohnehin schon sind. Das sollte auch im Hinblick auf die Betriebsratswahlen im kommenden Jahr eins unserer großen Ziele sein.
Apropos Betriebsratswahlen. Welche Ziele verfolgt ihr?
Dass wir stärker werden wollen, die IGBCE noch mehr Mandate anstrebt, als wir gegenwärtig schon haben, versteht sich von selbst. Nicht aus Selbstzweck, sondern um Zukunft zu gestalten. Eine Zukunft, die Standorte und Beschäftigung in Deutschland sichert, gute Arbeitsbedingungen ermöglicht. Und eine Zukunft, die niemanden ausschließt, in der rechtsradikale und menschenverachtende Parolen keinen Platz haben. Dazu ist es dringend notwendig, demokratische Strukturen auch in den Betrieben zu festigen. Das ist ja auch ein Ergebnis unserer Mitgliederbefragung. Mehr als 80 Prozent sagen, wie wichtig es ihnen ist, dass sich ihr Betriebsrat aktiv für Demokratie und Vielfalt einsetzt. Ein klarer Auftrag an künftige Betriebsrätinnen und Betriebsräte.
Welche Aufgaben kommen sonst noch auf die neuen Gremien zu?
Enorme. Ganz abgesehen von einer weltpolitisch hochexplosiven Lage, die auch Auswirkungen auf die Betriebe hat, stehen wir in unseren Branchen vor gewaltigen Herausforderungen. Nachrichten von Restrukturierungen und Stellenabbau machen fast täglich die Runde. Transformation und Digitalisierung sind noch lange nicht abgeschlossen und müssen im Sinne der Beschäftigten gestaltet werden. In Summe würde ich fast sagen, die Aufgaben, die auf die neuen Gremien und auch auf uns als IGBCE zukommen, waren nie größer. Umso wichtiger, dass wir jetzt die richtigen Weichen stellen.
Das bedeutet konkret?
Wir brauchen Leute, die richtig Bock auf diese Aufgabe haben. Die tough sind, keine Konflikte scheuen und ihre Aufgabe mit viel Idealismus und Kreativität, aber auch mit dem nötigen Know-how angehen. Etwa ein Drittel der jetzt noch aktiven Betriebsrätinnen und Betriebsräte scheidet im kommenden Jahr – meist altersbedingt – aus. Da macht es Mut, dass fast 50 Prozent der befragten IGBCE-Mitglieder sich vorstellen können, zukünftig Verantwortung zu übernehmen. Das stimmt mich optimistisch, dass wir die demografisch entstehenden Lücken mit jungen, motivierten Leuten füllen, die in den nächsten Jahren in ihr Amt hineinwachsen. Die Erfahrenen müssen sie an die Hand nehmen, ihnen ihr Wissen weitergeben, aber auch bereit sein für die neuen Impulse, die die Jungen hoffentlich mitbringen. Diesen Prozess unterstützen wir aktiv, etwa mit gezielten Bildungsangeboten.
Das wird zukünftige Gremien verändern.
Ja, ganz sicher. Ich gehe davon aus, dass künftige Gremien mehr Vielfalt repräsentieren, jünger sind und mit mehr Frauen besetzt sein werden, gern auch aus den Reihen der kaufmännischen, akademischen und außertariflich Beschäftigten (KAAT). Eine Zusammensetzung, die sich auch auf die Arbeitsweise auswirken wird. Viel Erfahrung gepaart mit neuen Blickwinkeln – ich halte das für einen guten Mix, mit dem wir alle gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit anpacken und gestalten.