„Es geht um Wertschätzung“
Warum der Mitgliedervorteil in der Chemie- und Pharmaindustrie das richtige Zeichen zur richtigen Zeit ist und was der jüngste Tarifabschluss in der zweitgrößten deutschen Industriebranche noch zu bieten hat, erklärt Oliver Heinrich im Interview mit Bernd Kupilas.
Oliver, herzlichen Glückwunsch, ihr habt in der Branche erstmals einen Mitgliederbonus für eine große Fläche ausgehandelt. Wie habt ihr das geschafft?
Danke. Tatsächlich ist uns da etwas Großes gelungen, und darauf können wir stolz sein. Einmal mehr schreibt die IGBCE Tarifgeschichte. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass wir den Arbeitgebern ausdauernd klar gemacht haben, dass unser Modell von Tarif- und Sozialpartnerschaft aufgrund der rückläufigen Tarifbindung in Gefahr gerät und es so nicht weitergeht. Irgendwann musste mal damit Schluss sein, dass sich alle am Buffet bedienen können, ohne dass auch alle ihren Beitrag geleistet haben. Der Mitgliedervorteil bringt uns deutlich weiter und wird die Tarifbindung stärken – davon haben am Ende beide Seiten etwas.
Der Widerstand am Verhandlungstisch war groß?
Die Arbeitgeber haben sich schwergetan, haben am Ende aber eingesehen, dass sie an dieser entscheidenden Stelle auf uns zukommen müssen. Letztlich haben wir auf beiden Seiten eine Übereinkunft darüber erzielt, worum es bei diesem Bonus geht: um eine Wertschätzung unserer Sozialpartnerschaft. Diese wird durch Mitgliedschaft in der IGBCE und im Arbeitgeberverband erst möglich gemacht. Das kommt in diesem Mitgliedervorteil zur Geltung. Diese Wertschätzung war uns wichtig, und sie wird auch in den Betrieben als solche wahrgenommen.
Aus den Betrieben hört man aber auch kritische Stimmen, gerade von Nichtmitgliedern.
Für die haben wir den Abschluss ja auch nicht gemacht, sondern für unsere Mitglieder. Wer Probleme damit hat, dass Mitglieder der IGBCE einen Vorteil erhalten, kann seinen Unmut ganz einfach überwinden – indem er oder sie bei uns eintritt. Tut nicht weh, bringt aber viel. Und zwar viel mehr als den zusätzlichen freien Tag.
Können wir sicher sein, dass die Regelung in den Betrieben umgesetzt wird?
Die Arbeitgeber haben sich am Verhandlungstisch ganz klar zu dem Mitgliedervorteil bekannt. Ich gehe deshalb davon aus, dass die einzelnen Unternehmen die Regelung am Ende auch so umsetzen, wie sie vereinbart ist. Alles andere wäre fahrlässig und würde die Sozialpartnerschaft wieder aufs Spiel setzen. Wir haben auch Sicherheiten dafür eingebaut, dass Arbeitgeber den Gewerkschaftstag nicht einfach allen Beschäftigten gewähren können. Wer ihn haben will, muss mindestens drei Monate Mitglied sein und seine aktive Mitgliedschaft nachweisen.