Portrait

August | September 2024

Der „Kümmerer“

Thomas Hempel,
Tesa-Werk Hamburg

Gewerkschafter mit Leib und Seele:
Der 36-Jährige spielt in vielen IGBCE-Teams mit.

Foto: Eva Häberle

Zeit für spontane Telefonate von mehr als einer Minute hat Thomas Hempel eigentlich nur beim Autofahren. Er hat einfach viel zu tun: Nach der Arbeit kümmert sich der 36-jährige Familienvater mit seiner Frau um die drei gemeinsamen Kinder zwischen drei und zehn Jahren. Die verbleibende freie Zeit widmet er „mit Leib und Seele der gewerkschaftlichen Sache“ – seit rund zehn Jahren.

Mitglied in der IGBCE ist Thomas Hempel seit Anfang 2011, als er bei Tesa in Hamburg einen neuen Job anfing. Dort arbeitet der gebürtige Dömitzer und gelernte Chemikant an einer Polymerisationsanlage, mit der Klebemassen hergestellt werden. „Nach meiner Einstellung hat mich ein Kollege von unserem IGBCE-Betriebsrat angesprochen und mit einem Augenzwinkern gesagt, dass ja der Betriebsrat über meine Einstellung entschieden habe“, erzählt Thomas Hempel. Ob er deshalb aus Solidarität nicht Mitglied in der Gewerkschaft werden wolle? Kollege ­Hempel sagte ja.

Gewerkschaften sind unverzichtbar, wenn man gute Lebens- und Arbeitsbedingungen haben will.

Thomas Hempel

Richtig „klick“ gemacht hat es bei ihm während seines ersten Bildungsurlaubs 2013: „Da ist mir klar geworden, dass die Gewerkschaft mit unseren Beiträgen nicht nur unsere Tarifverträge schützt, sondern viel mehr bietet.“ Nach dieser „Initialzündung“ ließ er sich 2014 in den Betriebsrat und zum IGBCE-Vertrauensmann wählen. „Gewerkschaften sind unverzichtbar, wenn man gute Lebens- und Arbeitsbedingungen haben will“, so sein Credo. „Darum mache ich aktiv als Vertrauensmann mit.“

Das Wichtigste sei, dass die Gewerkschaft im Betrieb sichtbar ist, so Thomas Hempel. Besonders auffällig ist die IGBCE bei Tesa beispielsweise bei Hamburg-typischem Schietwetter. Die Beschäftigten benutzen dann große, rote IGBCE-Regenschirme, wenn sie zwischen den Produktionshallen pendeln und über das Firmengelände laufen müssen. Die Schirme haben die Vertrauensleute im Betrieb bei einer Aktion vor zwei Jahren an ihre Kolleginnen und Kollegen verteilt. „Damit zeigen wir: Gewerkschaft schützt nicht nur vor Regen, sondern auch vor schlechten Löhnen“, berichtet Vertrauensmann Hempel augenzwinkernd.

Apropos sichtbar: Die Versammlung zu den Vertrauensleutewahlen am 20. Juni organisierten die IGBCEler in Form eines Grillfests während des nachmittäglichen Schichtwechsels, direkt neben dem Volleyballfeld, das auf dem Weg zur Kantine liegt: Eine gelungene Aktion, um mehr Mitglieder an die Wahlurne zu locken und um mit den Kolleginnen und Kollegen zu schnacken. Die Erfahrung hat Thomas Hempel gelehrt, dass Präsenz und Kommunikation im Betrieb das A und O für eine erfolgreiche Vertrauensleutearbeit sind.

Dass sich die Mitgliedschaft lohnt, zeigt das Ergebnis der diesjährigen Tarifrunde in der Chemieindustrie. Mit einer unübersehbaren Aktion vor dem Werktor während der zweiten Verhandlungsrunde hatten die Beschäftigten bei Tesa Anfang Juni ein unmissverständliches Signal Richtung Arbeitgeber gesendet: Gute Zukunft gibt’s nur mit guter Bezahlung. „Unser Druck hat offensichtlich Wirkung gezeigt“, freut sich Thomas Hempel: Am 27. Juni einigten sich IGBCE und Arbeitgeber kurz vor Ende der Friedenspflicht auf 6,85 Prozent mehr Geld sowie einen Mitgliederbonus. Einen zusätzlichen freien Tag gibt es nun exklusiv für Gewerkschaftsmitglieder.

Wenn man erst einmal ein Kümmererprofil hat, führt das fast zwangsläufig zu einer Ämterhäufung.

Thomas Hempel

Ein Bonus, von dem auch alle Auszubildenden im Hamburger Tesa-Werk profitieren. Denn sie alle sind Mitglied der IGBCE. „Die Jungen sind am offensten für unsere Argumente“, berichtet Hempel, der sich nicht nur als Vertrauensmann gewerkschaftlich engagiert. „Wenn man erst einmal ein Kümmererprofil hat, führt das fast zwangsläufig zu einer Ämterhäufung“, sagt er mit einem Schmunzeln im Gesicht. Seine Ehrenamtsliste ist mit der Zeit immer länger geworden: Er ist im Vertrauenskörpervorstand im Werk, Teil des IGBCE-Bezirksvorstands Hamburg/Harburg, ehrenamtlicher Referent für den IGBCE-Landesbezirk Nord, Mitglied im Klubb 200, dem Qualifizierungsprogramm für besonders engagierte Ehrenamtliche der IGBCE, und „voll und ganzBetriebsrat.

Und wenn Thomas Hempel neben all seinen Aufgaben mal körperlichen Ausgleich braucht, macht er bei der Freiwilligen Feuerwehr mit – als Pressluftgeräteträger.

Volker Wartmann